TEILEN
TEILEN LERNEN
Teilen ist keine angeborene, sondern eine erlernte Fähigkeit. Kinder erscheinen beim Spielen oft sehr egoistisch, weil sie ihr (Lieblings-)Spielzeug nicht gerne mit anderen teilen wollen: „Das gehört nur mir!“ Aber in Wirklichkeit ist das kindliche Gehirn noch nicht weit genug entwickelt, um gerechte, ‚empathische‘ Entscheidungen zu treffen. Dazu braucht es Zeit, gute Vorbilder und Geduld in der Erziehung und die Möglichkeit das Teilen schrittweise zu lernen, auszuprobieren, zu erfahren. Teilen muss erlernt werden.
TEILEN KANN MAN VIELES
Wir wissen, dass nicht nur der Kuchen, sondern fast alles geteilt werden kann: Sorgen, Freude, Wissen, Werte, Zeit, Freunde, Liebe, Glauben, Verantwortung etc. Aus der Bibel hören wir, dass sogar das Meer geteilt worden ist. Heute teilt man sich das Meer mit Handys, aber das ist eine andere Geschichte . Einige Möglichkeiten des Teilens seien kurz benannt:
ZEIT TEILEN
Am 7. September gab es den „Tag der Freiwilligen“ am Hauptplatz in Fürstenfeld, wo 30 Vereine und Organisationen die Vielfalt des Ehrenamts und die wertvolle Arbeit für die Gesellschaft sichtbar gemacht haben. Ehrenamtliche schenken Zeit, Herz, Hirn und Hand, lassen anderen an ihren Fähigkeiten Anteil haben und nehmen. Viele erzählen, dass sie selbst durch ihren freiwilligen Dienst bereichert und gestärkt werden. Von „überraschend guten Erfahrungen“ erzählen jährlich viele Firmbegleiter:innen, Tischmütter oder Menschen, die Besuchsdienste in Pflegeheimen oder in ihrer Nachbarschaft machen. Teilen hat einen Mehrwert. Es lohnt sich. (Lesen Sie dazu auch den Beitrag von Diakon Johann Rauscher: Zeit teilen – Besuchsdienst im Augustinerhof)
BIBEL UND GLAUBEN TEILEN
Vor kurzem wurde der Pastoralplan des Seelsorgeraums Thermenland im Kulturhaus Ilz der Öffentlichkeit vorgestellt. Darin sind Inhalte, Ziele und Maßnahmen verschriftlicht, wie wir den Glauben in diesem großen Raum leben und wachhalten wollen. Damit sowohl nachgehende Seelsorge (Geh-hin-Kirche) als auch attraktive kirchliche Angebote für möglichst viele Menschen (Komm-her- Kirche) möglich sind, werden wir – Christinnen und Christen, Haupt- wie Ehrenamtliche – über bestehende Pfarr- und Gruppengrenzen hinaus miteinander teilen müssen: Ideen, Fähigkeiten, Aktivitäten, Zeit, Personal. Die Erzählung der biblischen Brotvermehrung lehrt uns, dass durch Teilen des Vorhandenen das Wunder ermöglicht wurde und geschah: Durch das Teilen wurde mehr. Alle wurden satt!
LEITUNG UND VERANTWORTUNG TEILEN
Viele große Firmen haben ihr hierarchisches Unternehmensmodell erfolgreich in eine neue Kultur der geteilten Verantwortung entwickelt. Solche Transformationen stoßen auf Unsicherheit und Widerstand, sie benötigen eine gute Strategie und einen langen Atem. Papst Franziskus hat der ganzen Weltkirche den synodalen, gemeinsamen Weg vorgegeben mit dem Ziel, dass Glaube und Nächstenliebe gestärkt werden. Ein wichtiger Aspekt dieses gemeinsamen Weges ist das Zusammenwirken aller Gläubigen und Verantwortlichen auf Augenhöhe: Auch Leitung und Verantwortung soll aufgeteilt werden. Ein Modell verkörpert das Führungsteam des Seelsorgeraums. Das braucht Zeit und Geduld. Denn (solch) Neues verunsichert und fordert heraus, will aber auch entwickelt und erlernt werden.
„TEILEN FETZT!“
So hat ein Jugendlicher seine guten Erfahrungen mit Teilen ausgedrückt. Wir feiern in diesen Wochen in den Kirchen Erntedank, später dann zwei Heilige, die Vorbild im Teilen sind: Martin und Nikolaus. Sie lehren und ermutigen uns: Freude und Leid, Güter, Zeit und Raum zu teilen macht reicher und funktioniert dann, wenn ich bereit bin, dem Anderen wirklich zu begegnen, mich ihm zu öffnen und auf ihn einzulassen. Im Teilen liegt ein Mehrwert: „Je mehr ich teile, desto mehr habe ich“ – auch ein guter Wegweiser für die Entwicklung der Pfarren und des Seelsorgeraums. Daher die Ermutigung:
„Vergiss nicht, Gutes zu tun und mit anderen zu teilen!“ (frei nach Hebräerbrief 13,16).
Gerhard Weber